Die stille Pandemie – Bund stellt Handlungsplan zur Bekämpfung antibiotikaresistenter Bakterien vor
Antibiotikaresistenzen entstehen durch unsachgemässe Nutzung.
Die Entdeckung von Antibiotika in den 1940er-Jahren ermöglichte erstmals die zielgerichtete und breitenwirksame Bekämpfung oft lebensbedrohlicher bakterieller Erkrankungen (wie z.B. Lungeninfektionen oder Hirnhautentzündungen). Im Rahmen der modernen Medizin werden unterschiedliche Klassen antibiotischer Wirkstoffe heutzutage sowohl für die Krankheitstherapie, als auch -prävention, eingesetzt. Aufgrund zu häufiger oder unsachgemässer Anwendung können Bakterien jedoch Resistenzen gegen die eingesetzten Antibiotika entwickeln, welche in der Folge ihre Wirksamkeit einbüssen. Besondere Gefahr geht dabei von solchen Mikroben aus, die erfolgreich eine Resistenz gegen gleich mehrere Antibiotikaklassen entwickeln.
Anhaltende Gefahr trotz rückläufiger Verwendung
Zwar zeigen aktuelle Daten einen Rückgang des Antibiotikaeinsatzes und eine Stabilisierung der Resistenzraten. Dennoch herrscht global gesehen grosser Handlungsbedarf: So sterben beispielsweise noch immer mehr Menschen an den Folgen einer Infektion mit antibiotikaresistenten Bakterien, als durch HIV oder Malaria. Unter dem Aktionsplan «StAR 2024-2027» definiert der Bund daher unterstützende Massnahmen zur weiteren Umsetzung der Bekämpfungsstrategie. Ein bisher unterschätzter Aspekt ist, dass resistente Mikroben unter gewissen Umständen beispielsweise auch zwischen Mensch und Tier übertragen werden können. Der Plan läuft daher unter dem sogenannten One-Health-Ansatz, der die Problematik in den gemeinsamen Kontext Mensch, Tier, Landwirtschaft und Umwelt stellt.
Whole-Genome-Sequencing soll Antibiotikaresistenzen systematisch aufdecken.
Der Aktionsplan misst der Überwachung bestehender und potenziell neu auftretender Antibiotikaresistenzen einen hohen Stellenwert zu. Dabei sollen vor allem moderne gentechnische Analysemethoden des 21. Jahrhunderts zum Einsatz kommen: Mithilfe der sogenannten Whole-Genome-Sequencing-Technik kann das gesamte Erbgut eines Bakterienstammes in kürzester Zeit entschlüsselt («sequenziert») werden.
«Die Schweiz setzt sich zum Ziel, Whole-Genome-Sequencing Untersuchungen zum Zweck der Überwachung von Antibiotikaresistenzen in systematischer und bereichsübergreifend koordinierter Weise einzusetzen.»
(Auszug One Health-Aktionsplan StAR 2024-2027).
In der digital vorliegenden Erbsequenz können so auf computergestützte Weise jene Gene identifiziert werden, die für eine Resistenzbildung verantwortlich sind. So sollen besonders neu auftretende Resistenzen frühzeitig und zuverlässig erkannt werden.
«One-Health»-Ansatz fokussiert auf das Zusammenspiel zwischen Mensch und Umwelt.
Zur Umsetzung sieht der Bund die Zusammenarbeit mit nationalen Referenzlaboratorien vor. Neben der Analyse veterinärmedizinischer Proben soll dabei auch die Möglichkeit zur Untersuchung von Umweltproben geprüft werden. Eine flächendeckende Nutzung vorliegender Daten soll schliesslich über die Weiterentwicklung bestehender Datenbanken, wie der Swiss Pathogen Surveillance Platform (SPSP), ermöglicht werden. Sie soll die gemeinsame Datenablage und -analyse unter Einhaltung aktueller Datenschutzbestimmungen gewährleisten. Auf diese Weise sollen insbesondere neue Erkenntnisse zu Übertragungswegen antibiotikaresistenter Mikroben gewonnen werden.