Prof. Didier Trono, Laboratory of virology and genetics, EPFL
Mehr als die Hälfte unseres Genoms besteht aus Sequenzen, die von Transposons abstammen. Die grosse Mehrzahl dieser mobilen genetischen Elemente ist durch Mutationen und epigenetische Kontrollmechanismen inaktiviert. In Ausnahmefällen können sie sich an einer neuen Stelle in das Genom integrieren und dort andere Gene beeinträchtigen, wodurch Krankheiten ausgelöst werden können. Grundsätzlich sind Transposons jedoch wichtige Motoren der Evolution und deshalb unerlässlich für das Überleben der Arten. «Wir untersuchen in unserem Labor, inwiefern die Regulation der zellulären Genexpression durch Transposons und ihre Kontrollmechanismen der Entwicklung und der Physiologie der höheren Arten, darunter auch des Menschen, zugrunde liegen», erklärt Didier Trono. Er fügt hinzu: «Einige dieser Transposons sind HIV-ähnliche Viren, deren DNS schon vor langer Zeit in das Genom unserer Vorfahren integriert wurde, was seitdem zu unserem Vorteil genutzt wird.»
Manche Viren machen sich jedoch wiederum gewisse Kontrollmechanismen der Transposons zunutze. Dies ist zum Beispiel beim humanen Cytomegalovirus (HCMV) der Fall. Etwa 60 Prozent der Bevölkerung in den Industrieländern sind mit dem Virus chronisch infiziert, meist seit der Kindheit. In der Regel hat dies keine pathologischen Konsequenzen, da das HCM-Virus die meiste Zeit über ruht und seine Reaktivierung durch das Immunsystem eingedämmt wird. Bei Personen, deren Immunsystem aufgrund einer Krankheit wie beispielsweise AIDS oder durch immunsuppressive Medikamente nach einer Organtransplantation geschwächt ist, sowie beim Fötus im Falle einer Infektion während der Schwangerschaft kann das HCM-Virus jedoch schwerwiegende Folgen haben. Didier Trono und seine Arbeitsgruppe haben vor Kurzem entdeckt, dass das Protein KAP1, ein wichtiger Regulator der epigenetischen Kontrolle von Transposons, es dem HCM-Virus ermöglicht, in den hämatopoetischen Stammzellen zu ruhen. Mithilfe von Substanzen, die KAP1 hemmen, kann das Virus aktiviert und mit antiviralen Medikamenten vernichtet werden. «Diese Entdeckung deutet darauf hin, dass es möglich sein müsste, das HCM-Virus in Organen, die für die Transplantation bestimmt sind, zu eliminieren», erklärt Didier Trono. Mit seinem Team testet er seitdem die Effizienz dieser Methode an Zellen, die für Knochenmarktransplantationen verwendet werden sollen.
Für die Durchführung seiner Forschung erhielt Didier Trono 2010 einen der begehrten ERC Advanced Grants von der EU. Die Finanzierung von Wissenschaftlern, welche in der Schweiz tätig sind, ist jedoch seit der Annahme der Masseneinwanderungsinitiative in Gefahr. Derzeit hat der Bund eine Übergangslösung etabliert, welche eine Teilassoziation der Schweiz an das Horizon-2020-Programm ermöglicht. Diese läuft Ende 2016 aus. Wird mit der EU bis am 9. Februar 2017 keine Lösung zur Personenfreizügigkeit und deren Ausdehnung auf Kroatien gefunden, wird sich dies negativ für den Forschungsplatz Schweiz auswirken.
Didier Trono wurde 1956 in Genf geboren wo er auch Medizin studierte. Nach Spezialisierung auf Pathologie, innere Medizin und Infektionskrankheiten in Genf und am Massachusetts General Hospital in Boston führte Didier Trono seine Karriere als Postdoktorant am MIT fort. 1990 gründete er ein Zentrum für die Erforschung von AIDS am Salk Institut in La Jolla, CA. Didier Trono wurde 1997 als Professor an die Universität Genf berufen. Sieben Jahre später kam er an die EPFL, um dort die neue Fakultät für Life Sciences zu leiten, eine Aufgabe, die er bis ins Jahr 2012 erfüllte. Heute widmet sich Didier Trono der Forschung sowie der Entwicklung eines nationalen Programms zur Nutzung der neuen biomedizinischen Technologien und der Informatik im Gesundheitswesen.