Prof. Dr. Andrea Ablasser, Global Health Institute, EPFL
Unser Immunsystem besteht aus Molekülen und Zellen, sogenannten Immunzellen. Immunzellen gehören zu zwei wichtigen Immunsystemen: dem angeborenen Immunsystem und dem im Laufe des Lebens erworbenen Immunsystem. Im Gegensatz zum erworbenen Immunsystem kann das angeborene Immunsystem viel schneller auf unerwünschte Eindringlinge reagieren. Spezielle Sensoren helfen den Immunzellen dabei, zu überprüfen, ob sich genetisches Material wie DNA oder RNA an der richtigen Stelle befindet. Ist dies nicht der Fall, wird eine Immunantwort ausgelöst. Etwa wie bei einem Einbruch, bei dem ein Alarm ausgelöst und die Polizei mobilisiert wird, um den Eindringling zu schnappen. Die Forscherin Andrea Ablasser untersucht insbesondere unsere angeborenen Immunantworten. Sie erhofft sich, dadurch eine Basis für vielversprechende neue Therapien im Bereich der Immunologie zu finden.
Andrea Ablasser und ihr Team konzentrieren ihre Arbeit darauf, herauszufinden, wie genau Mikroben von Immunzellen erkannt werden. Bekannt ist, dass das angeborene Immunsystem Mustererkennungsrezeptoren (PRR) für körperfremde, potenziell krankheitsauslösende Elemente (PAMP) besitzt. Andrea Ablasser untersuchte in ihrer früheren Forschungsarbeit die Proteine cGAS und STING, die eine wichtige Rolle bei der angeborenen Immunantwort gegen Viren spielen. cGAS agiert in unserem Fall als Alarmauslöser, während STING die Polizei benachrichtigt. Beide Proteine arbeiten zusammen und lösen die Aktivierung von Entzündungssignalen aus. Diese Entzündungssignale aktivieren dann unser angeborenes Immunsystem, das daraufhin virale Eindringlinge angreift. Doch nicht immer sind Krankheitserreger der Auslöser einer Immunreaktion. Stress, Zellalterung und Krankheit sorgen dafür, dass genetisches Material an unerwünschten Orten im Körper auftaucht. Auch in diesem Fall wird eine Immunreaktion ausgelöst. Dies führt zu Krankheiten wie Alzheimer, Parkinson oder Psoriasis. Heute untersuchen Andrea Ablasser und ihr Team diese «Fehlleistungen» des Immunsystems.
«Wenn wir die Möglichkeit hätten, STING gezielt zu inaktivieren, könnte daraus möglicherweise eine Therapie für Autoimmunkrankheiten entwickelt werden», erklärt Andrea Ablasser. Sie beschloss daher, sich mit ihrem Team auf die Suche nach einem Molekül zu machen, das die STING-geleitete Immunaktivierung unterdrückt. Sie wurde fündig: «Wir haben 60’000 Moleküle analysiert und sind dabei auf zwei vielversprechende kleine Moleküle gestossen, die STING gezielt inaktivieren», ergänzt Andrea Ablasser. Das Forschungsteam ging noch einen Schritt weiter und zeigte an Mäusen und an menschlichen Zellen, dass beide gefundenen kleinen Moleküle tatsächlich eine Autoimmunreaktion unterdrücken können. Diese Forschungsarbeit wurde im Fachmagazin Nature im Juli 2018 publiziert. Nun braucht es klinische Studien, um zu bestätigen, dass die gefundenen kleinen Moleküle auch im menschlichen Körper Autoimmunreaktionen unterdrücken können.
Andrea Ablasser wurde 1983 in Bad Friedrichshall geboren. Sie absolvierte ihr Medizinstudium an der Ludwig-Maximilians-Universität in München im Jahr 2008 und promovierte 2010 an der gleichen Universität in klinischer Pharmakologie. Am Institut für Klinische Chemie und Klinische Pharmakologie der Universität Bonn setzte sie ihre Arbeit zur angeborenen Immunität fort. Im Jahr 2014 wurde sie als Tenure-Track-Assistant-Professorin an die EPFL berufen. Für ihre Forschungsarbeiten erhielt Andrea Ablasser zahlreiche Auszeichnungen, wie den ACTERIA Preis, einen ERC Starting Grant und zuletzt den Eppendorf Award 2018 für junge europäische Forscher.