Digitale Zwillinge für Neugeborene: Neue Technologie zur frühen Erkennung seltener Krankheiten
Was sind eigentlich «Digitale Zwillinge»?
Digitale Zwillinge sind computerbasierte Kopien von echten Systemen – wie zum Beispiel dem menschlichen Körper. Mit ihnen können virtuelle Simulationen durchgeführt werden, die Verhalten und Eigenschaften des Menschen nachbilden. In der Medizin können digitalen Zwillinge die Gesundheitsdaten von Patient:innen nutzen, um zu zeigen, wie ihr Körper funktioniert: Beispiele sind die Abbildung des Stoffwechsels und unterschiedlicher Organfunktionen.
Computergestützte Simulationen unterstützen die personalisierte Medizin
Die digitalen Modelle helfen insbesondere dabei, Krankheitsverläufe besser vorherzusagen, die besten Behandlungsmethoden zu finden und massgeschneiderte – personalisierte – Therapien zu entwickeln. Besonders bei seltenen Krankheiten sind digitale Zwillinge sehr nützlich, weil sie dabei helfen, genauere Diagnosen zu stellen und Behandlungen «virtuell auszuprobieren», ohne die tatsächlichen Patient:innen dabei zu belasten.
Vom Erwachsenen zum Neugeborenen: Säuglinge im «Digitalformat»
Forscher:innen aus Heidelberg und Galway haben die Methode des «digitalen Zwillings» nun auch für Neugeborene anwendbar gemacht. Mithilfe der virtuellen Modelle kann dabei der kindliche Stoffwechsel für derzeit 80.000 Reaktionen und 26 Organe simuliert werden. Die Modelle sollen Mediziner:innen künftig dabei unterstützen, seltene Stoffwechselerkrankungen bei Neugeborenen frühzeitig zu diagnostizieren und optimale Therapieansätze zu finden. Durch die Analyse echter Kinderdaten können die Modelle zudem angepasst und zur Verbesserung von Neugeborenen-Screenings und Medikamentendosierungen genutzt werden. Zukünftige Weiterentwicklungen sollen auch Frühgeborene und verschiedene Ernährungsarten mit einbeziehen.
"Wir hoffen mit diesem Modell zukünftig frühzeitig Vorhersagen zum Schweregrad einer Krankheit treffen zu können und frühzeitig abzuschätzen, wie intensiv eine Therapie sein sollte, um betroffenen Kindern bestmöglich helfen zu können." erklärte Prof. Dr. med. Stefan Kölker gegenüber der Tagesschau. Er ist Leiter der Sektion für Neuropädiatrie und Stoffwechselmedizin am Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin des Universitätsklinikums Heidelberg und Mitglied des beteiligten Forschungsteams.