Erster Mensch erhält Lungenkrebsimpfung
Lungenkrebs ist eine der gefährlichsten Tumorarten
In der Schweiz ist Lungenkrebs die am zweithäufigsten diagnostizierte Krebsart. Sie weist eine hohe Rückfallrate und die weltweit höchste Sterberate aller Krebsarten auf. Sobald ein Krebsgeschwür «metastasiert», also Körperregionen abseits des eigentlichen Tumors befällt, sinkt die Behandlungsprognose für Patient:innen drastisch. An diesem Punkt soll der therapeutische Impfstoff namens «BNT116» ansetzen. Im Rahmen einer klinischen Studie wird dabei zunächst die Wirksamkeit an wenigen Krebspatient:innen getestet. Dabei handelt es sich sowohl um Erkrankte im Frühstadium, sowie Patient:innen mit fortgeschrittener und wiederkehrender Krankheit. Die Krebsimpfung hat das Ziel, besonders die Ausbreitung im Körper und die Entstehung von Metastasen zu verhindern. Diese können für einen Krankheitsrückfall verantwortlich sein.
«Viele Krebserkrankungen verlaufen so, dass ein Patient oder eine Patientin nach der Operation zunächst tumorfrei erscheint.»
Erklärt die Krebsforscherin Özlem Türeci gegenüber dem Deutschen Bundesministerium für Bildung und Forschung.
«Nach einiger Zeit bilden sich bei einigen allerdings wachsende Tumorherde, die zunächst nicht sichtbar waren und es kommt mit hoher Wahrscheinlichkeit zu Metastasen.»
(Univ.-Prof. Dr. Özlem Türeci leitet den Entwicklungsprozess bei BioNTech als Chief Medical Officer.)
mRNA-Impfstoff soll Immunsystem reaktivieren
Die neue Impfung basiert auf der mRNA-Technologie, welche beispielsweise auch im Rahmen der COVID-19-Impfung genutzt wird. Dabei werden sogenannte mRNA-Moleküle verabreicht, um eine Immunantwort zu erzeugen. Bei der mRNA handelt es sich um kleine Stoffe, die auch natürlich im Körper vorkommen. Sie dienen dort als Bauplan für Eiweisse, die vielfältige Funktionen im menschlichen Körper ausüben. In Krebszellen ist die körpereigene Erbinformation jedoch so verändert, dass bestimmte Eiweisse nicht mehr richtig funktionieren und ein unkontrolliertes Zellwachstum begünstigen.
Impfung ist je nach Krebspatient:in personalisiert
Normalerweise erkennt das Immunsystem Krebszellen und bekämpft sie. Im Falle einer Krebserkrankung können es die wuchernden Zellen jedoch schaffen, diesem Schutzmechanismus zu entkommen. Bei der Impfung werden mRNA-Moleküle verabreicht, die spezifisch für die Eiweisse sind, die das Krebswachstum begünstigen. Das Immunsystem wird über die hohe Menge verabreichter mRNA-Moleküle sozusagen daran «erinnert», welche Eiweisse und zugehörigen Krebszellen es bekämpfen soll. Die mRNA verbleibt dabei nicht im Körper, sondern wird im Laufe weniger Stunden bis Tage vollständig abgebaut.
Impfungen gegen weitere Krebsarten geplant
Auf die bis 2027 laufende Studie sollen noch weitere Studien unter Einbezug grösserer Gruppen von Patient:innen folgen. Dadurch sollen die Wirksamkeit, aber auch die Sicherheit der Impfung ermittelt werden. Die mRNA-Technologie ist von grossem Interesse für die medizinische Forschung und damit Gegenstand starker Forschungsbemühungen: Derzeit laufen weitere Studien zu mRNA-basierten Impfstoffen gegen andere häufige Krebsarten, wie z.B. Brust-, Prostata-, Darm- und Bauchspeicheldrüsenkrebs. Bis zu einer möglichen Zulassung entsprechender Impfstoffe werden jedoch noch Jahre vergehen.