Menschliches Mikrobiom und Darmgesundheit
Unser Mikrobiom unterstützt die Verdauung, stärkt das Immunsystem und schützt den Darm vor schädlichen Bakterien, wodurch es entscheidend für die Darmgesundheit und das allgemeine Wohlbefinden ist. (Bildquelle: AdobeStock)

Erste genetische Veränderung von Darmbakterien in lebender Maus eröffnet neue Behandlungswege

Französischen Genforscher:innen ist es erstmals gelungen, Darmbakterien in einer lebenden Maus erfolgreich gentechnisch zu verändern. Der Durchbruch eröffnet neue Möglichkeiten für zukünftige Therapieansätze.

Unser Mikrobiom: Unsichtbarer Helfer

Das menschliche Mikrobiom, also die Gesamtheit der im Menschen lebenden Bakterien, hat einen grossen Einfluss auf unsere Darmgesundheit. Neben der Unterstützung der Verdauung kann es zum Beispiel der Ausbreitung von Infektionen durch schädliche Mikroben entgegenwirken. Gerät das Mikrobiom jedoch aus dem Gleichgewicht, drohen schwerwiegende gesundheitliche Folgen.

 

Präzise und schonende Therapiealternative

Derzeitige Therapiemöglichkeiten, wie der Einsatz von Antibiotika oder Stuhltransplantationen, sind nur wenig präzise: Schliesslich werden dabei nicht nur die potenziell schädlichen, sondern alle im Darm vorhandenen Bakterienstämme ersetzt. Der neu vorgestellte Ansatz hingegen sei präziser und schonender, wie die Forscher:innen in ihrem kürzlich in der Fachzeitschrift «Nature» erschienenen Artikel berichteten:

 

«Unsere Arbeit zeigt, dass es möglich ist, Bakterien direkt im Darm zu verändern, was einen neuen Weg zur Untersuchung der Funktion bakterieller Gene eröffnet und den Weg für die Entwicklung neuer, auf das Mikrobiom ausgerichteter Therapien ebnet.»

(Brödel et al., 2024; Nature; aus dem Englischen übersetzt)

 

Mit «Base Editing» gegen globale Krankheiten ankämpfen?

Dabei nutzte das Forschungsteam die Technik des «Base Editing», einer Weiterentwicklung der als «Genschere» bekannten CRISPR/Cas-Methode. Mit ihr können einzelne Bausteine (sog. «Nukleotide») der Erbinformation gezielt verändert werden. Die neue Technik zeigte bei Mäusen eine hohe Effizienz: In 93 % der Bakterien konnte ein Resistenz-Gen gegen Antibiotika ausgeschaltet werden. Dieser überraschende Erfolg birgt beispielsweise das Potenzial, zukünftig Infektionen mit gesundheitsgefährdenden multiresistenten Bakterien entgegenzuwirken. Ein anderes mögliches Anwendungsbeispiel bietet sich im Rahmen der Krebsprävention: So weiss man, dass das Vorhandensein einiger Bakterienstämme im Mikrobiom des menschlichen Darms mit einem höheren Krebsrisiko verbunden sind. Mittels des neuen Ansatzes könnte es möglich werden, entsprechende Bakterien ihrer krebserregenden Eigenschaften genetisch zu «berauben».

 

Wirksamkeitsstudien sollen Klarheit über medizinische Nutzbarkeit liefern

Bei diesen Überlegungen gilt es jedoch zu beachten, dass die Wirksamkeit bislang nur unter Laborbedingungen, im «Reagenzglas» und im Modellsystem «Maus», erwiesen wurde. Zur Untersuchung der therapeutischen Wirksamkeit planen die Forscher:innen nun eine klinische Phase-1-Studie, bei der die Methode zunächst an wenigen freiwilligen Personen getestet werden soll. Der Einsatz der Technik ist insofern vielversprechend, dass bei dem Vorgang keine Möglichkeit zur Veränderung des menschlichen Erbguts besteht, da das «Base Editing» spezifisch für einen sehr kleinen Bereich der Erbinformation eines einzelnen Bakterienstammes ist.