Prof. Dr. Silvia Arber, Biozentrum, Universität Basel und Friedrich Miescher Institute for Biomedical Research, Basel

Wir haben die Fähigkeit, mit einer Hand etwas zu schreiben und die andere Hand dabei zu heben. Doch wie koordiniert unser Körper Bewegungen und welche Zellen sind für die Aktivierung und Hemmung eines bestimmten Bewegungsablaufs notwendig? Diesen und anderen Fragen geht Prof. Silvia Arber nach – mit Erfolg. Prof. Silvia Arber kann neben ihrer sehenswerten Publikationsliste mit einer Reihe an Auszeichnungen glänzen, die ihren wissenschaftlichen Erfolg rühmen: 2003 wurde ihr der Nationale Latsis-Preis, 2008 der Friedrich-Miescher-Preis, 2014 der Otto-Naegeli-Preis, 2017 der renommierte Louis-Jeantet-Preis für Medizin und im September 2019 der Preis der Betty und David Koetser Stiftung für Hirnforschung überreicht. Ihre Forschung trägt wesentlich zum Verständnis des zentralen Nervensystems bei.

Für viele Menschen ist es selbstverständlich, dass sie ein Glas Wasser mit ihren Fingern fest umschliessen können. Dahinter steckt jedoch ein ausgeklügeltes System: Neuronale Netzwerke im Hirnstamm geben Informationen an das Rückenmark weiter und befehlen so den Muskelfasern in den Fingern, sich zusammenzuziehen. Sensoren in den Fingern wiederum geben die Information, dass die Hand den Befehl ausgeführt hat, wieder an das Nervensystem zurück. Silvia Arber und ihr Team interessieren sich dafür, wie neuronale Netzwerke während der Entwicklung gebildet werden, welche Funktion sie erfüllen und wie sie sich beispielsweise durch Training verändern. 

Eine solche Analyse und Aufklärung gelang Silvia Arber im Jahr 2017. Im Mausmodell zeigten Prof. Arber und ihr Team, dass eine ganz bestimmte Ansammlung von Nervenzellen im Hirnstamm für die Bewegungskontrolle des Laufens zuständig ist. «Die gleichzeitige Analyse anregender und hemmender Nervenzellen ergab kein klares Bild, erst die sorgfältige Entflechtung der verschiedenen Nervenzellen ermöglichte es, Rückschlüsse auf deren Funktionen zu ziehen», erklärt Silvia Arber. Stimulierten die Forscher in einer bestimmten Region die anregenden Nervenzellen, konnten sie Laufbewegungen simulieren, die der natürlichen Fortbewegung gleichzusetzen sind. Auf Basis dieser Forschungsergebnisse lassen sich in Zukunft möglicherweise motorische Störungen, die beispielsweise bei neurodegenerativen Krankheiten auftreten, verbessern. Die gewonnenen Erkenntnisse wurden im renommierten Journal «Nature» publiziert.

Neben dem Hirnstamm analysierten Silvia Arber und ihr Team auch den motorischen Kortex – ein Bereich unserer Grosshirnrinde, der für die Steuerung willkürlicher Bewegungen zuständig ist. Wie dieser Bereich Bewegungen kontrolliert, war lange Zeit unklar. In einer Kollaboration zwischen Prof. Arber und Prof. Keller (FMI) ist man diesem Geheimnis im Jahr 2018 nähergekommen. Die Forscher fanden heraus, dass der motorische Kortex nur dann benötigt wird, wenn eine Bewegung aufgrund einer unerwarteten Situation eintritt. Halten wir uns wieder das Beispiel mit dem Glas Wasser vor Augen und stellen uns vor, dass jemand uns aus Versehen von hinten anstösst. Die daraus resultierende Bewegung, um wieder in Balance zu kommen, wird vom motorischen Kortex aus gesteuert. Diese wichtige Erkenntnis basiert auf komplexen Tierexperimenten, bei denen die Bewegung von Mäusen in einem virtuellen Tunnel beobachtet wurde. «Lösten wir unerwartete visuelle Veränderungen aus, konnten wir eine andere neuronale Aktivität im motorischen Kortex nachweisen, als bei spontan initiierten Bewegungsveränderungen, und diese Aktivität war essenziell für die Ausführung der Korrekturbewegung», meint Silvia Arber.

Silvia Arber wurde 1968 in Genf geboren und studierte Biologie am Biozentrum der Universität Basel. 1995 promovierte sie im Bereich Neurobiologie am Friedrich Miescher Institute for Biomedical Research (FMI). Beiden Institutionen ist Silvia Arber – trotzt eines Abstechers an die Columbia University in New York als Postdoktorand – treu geblieben: Seit dem Jahr 2000 forscht und lehrt Silvia Arber am Biozentrum (seit 2008 als ordentliche Professorin für Neurobiologie) und am FMI (seit 2004 als permanente Forschungsgruppenleiterin). Im Jahr 2019 wurde Silvia Arber zudem zur Ko-Direktorin des FMIs ernannt.

Prof. Pedro Beltrao

Prof. Pedro Beltrao, Institut für Molekulare Systembiologie, ETH Zürich

Ender Konukoglu, Associate Professor für Biomedical Image Computing an der ETH Zürich

Tobias Kowatsch, Professor für Digital Health Interventions an der Universität Zürich (UZH), Direktor der School of Medicine an der Universität St.Gallen (HSG) und Scientific Director, Centre for Digital Health Interventions (UZH, HSG & ETH Zürich)

Janna Hastings, Professorin für «Medical Knowledge and Decision Support» (Brückenprofessur der Universität Zürich und der Universität St. Gallen)